Neubau für Leipzigs größte Moschee – Flüchtlingsunterkunft kommt nicht

An der Rackwitzer Straße entsteht jetzt ein Ersatzneubau für die größte Moschee in Leipzig. Etwa 1000 Gläubige besuchen die Gemeinde in der Roscherstraße, die der Verfassungsschutz beobachtet. Der Neubau hat auch Auswirkungen auf Pläne für eine große Flüchtlingsunterkunft in der Nähe.

In der Rackwitzer Straße 24 hat der Bau von Leipzigs größter Moschee begonnen. Lange war es ruhig auf der Baustelle. Nun sind auf den Gerüsten an dem viergeschossigen Rohbau häufig Arbeiter zu sehen. Aus gutem Grund: Denn für die etwa 1000 Muslime, die bislang die Al-Rahman-Moschee in der Roscherstraße 33A besuchen, wird die Zeit allmählich knapp.

An der Roscherstraße in Eutritzsch sollen gegen Ende diesen Jahres Erschließungsarbeiten für ein neues Stadtviertel beginnen. Das Großprojekt auf dem früheren Freiladebahnhof ist auf 2700 Wohnungen ausgelegt, sagt Holger Tschense, Sprecher des privaten Vorhabenträgers L 416 GmbH. „Wir möchten dann zumindest mit Leitungsumverlegungen beginnen und brauchen dafür Baufreiheit an der Roscherstraße. Deshalb müssen wir auf den Umzug drängen. Aktuell läuft noch eine Duldungsvereinbarung für die alte Moschee auf unserem Grundstück, aber nur bis Ende 2024.“

Umzug soll im nächsten Winter erfolgen

Tschense betont, dass die L 416 GmbH schon vor Jahren ein Ausweichgrundstück für die größte muslimische Gebetsstätte in Leipzig vermittelt habe – nämlich die jetzige Baufläche an der Rackwitzer Straße. Eigentlich hätte der Umzug dorthin schon 2023 stattfinden sollen, doch bei den Arbeiten für die neue Moschee – gleich neben der Schönefelder Total-Tankstelle – habe es Verzögerungen gegeben. „Falls es im kommenden Winter noch mal ein oder zwei Monate länger dauern sollte, werden wir sicher kulant reagieren. Aber dann ist wirklich Schluss.“

Die neue Fläche in der Rackwitzer Straße liegt zwischen mehreren Gewerbehallen: einem Parkett- und einem Stahlhandel, der Tankstelle und einer Autowerkstatt. An der Ostseite grenzt das Areal unmittelbar an die Parthe. Laut Bauaktenarchiv soll dort ursprünglich mal ein Kulturhaus eines Unternehmens gestanden haben – in der Nähe befand sich auch die Leipziger Wollkämmerei. Genaueres ist nicht bekannt. Auch ältere Schönefelder wissen nur, dass auf dem Areal ursprünglich mal Dachpappe hergestellt wurde. Zuletzt sollen sich dort zu DDR-Zeiten Abfüllanlagen für Schweißgase, Sauerstoff und andere Technische Gase befunden haben.

In jedem Fall wurde das einstige Kulturhaus inzwischen abgerissen. Nur ein frei stehender Schornstein blieb erhalten. Dieser wird aber offenbar nicht in ein Minarett umgewandelt. „Beantragt wurde ein Ersatzneubau Kulturhaus an der Parthe, bestehend aus Kultur- und Vereinshaus, Büro und Verkauf“, teilte das Amt für Bauordnung und Denkmalpflege auf LVZ-Anfrage mit. „Der Schornstein bleibt wie im Bestand vorhanden.“ Er sei nicht Gegenstand des Bauantrages gewesen. Ein Gestaltungswettbewerb für den Ersatzneubau sei nicht durchgeführt worden, so das Amt. Folglich muss er sich gestalterisch in die Umgebung einfügen, was eine große Kuppel auf dem Dach unwahrscheinlich macht.

Keine Besonderheiten bei Ersatzneubau

Auch sonst gebe es keine Besonderheiten. Die von der Sächsischen Bauordnung vorgeschriebene Anzahl von Auto-Parkplätzen werde hinter der Einfahrt an der Rackwitzer Straße angeordnet. „Ein gesondertes Parkhaus ist nicht geplant.“

Die muslimische Religionsgemeinschaft und ihr deutsch-syrischer Imam Hassan Dabbagh waren am Montag nicht für Nachfragen zu dem Bauprojekt erreichbar. Dabbagh sowie sein Verein „Islamische Gemeinde in Sachsen – Al-Rahman-Moschee e. V.“ werden vom sächsischen Verfassungsschutz beobachtet. Diese Sicherheitsbehörde stuft ihn seit langer Zeit als wichtige Figur des politischen Salafismus’ in Deutschland ein. Jedoch tendiere nur eine Minderheit unter den Besuchern ebenfalls zum Salafismus – sachsenweit seien es etwa 270 Anhänger.

Auf ihrer Internetseitseite lehnt die Al-Rahman-Moschee jede Form von Gewalt ab. Das hält der Verfassungsschutz aber nicht für glaubwürdig. „Trotz Dabbaghs Distanzierung von religiös motivierten Terrorakten sind seine Äußerungen geeignet, die Bildung von Parallelgesellschaften außerhalb der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu fördern und mittelbar Hass und Gewalt zu schüren“, heißt es im aktuellen Bericht der Behörde. Das lasse sich an Internet-Übertragungen von Reden des Imams belegen. Der Bericht enthält dafür Beispiele.

Pläne für Leipzigs größte Flüchtlingsunterkunft gestoppt

Der Moschee-Umzug war dem Vernehmen nach auch einer der Gründe dafür, dass die Stadtverwaltung gerade ein anderes Bauprojekt auf Eis gelegt hat und nicht mehr weiter verfolgt. Dabei handelt es sich um den Plan, in weniger als 300 Metern Abstand Leipzigs größte Flüchtlingsunterkunft mit bis zu 660 Plätzen zu errichten. Wie berichtet, sollte das eigentlich sehr zeitnah auf einer leeren Gewerbefläche in der Rackwitzer Straße 38-42 geschehen.

Doch für diesen Plan hagelte es Kritik. „Neue Massenunterkünfte sind mit uns nicht zu machen“, versicherte Linke-Stadträtin Juliane Nagel. „Das wäre ein Widerspruch zum Leipziger Konzept einer kleinteiligen, dezentralen Unterbringung.“ Sie forderte eine Obergrenze von 200 Plätzen pro Standort. Ähnlich sah es die CDU, deren Stadträtin Sabine Heymann auch darauf hinwies, dass der Standort in Schönefeld für eine gelingende Integration so vieler Menschen ungeeignet sei. „Dabei spielt die schlechte Bus-Anbindung in die Innenstadt ebenso eine Rolle wie der Moschee-Bau.“

Zuletzt hatte die Verwaltung noch versucht, das Konzept für die Flüchtlingsunterkunft in der Rackwitzer Straße gemeinsam mit dem privaten Flächeneigentümer deutlich zu verändern. Offenbar gelang das nicht. „Das Projekt ruht; es ist momentan im Stadtrat nicht mehrheitsfähig“, teilte das Sozialdezernat dazu auf LVZ-Nachfrage mit.